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Harnstoffzyklusstörungen (Late-Onset): Wenn Hyperammonämie erst später auffällt

Von Dr. med. Anna Sieger

Harnstoffzyklusstörungen (UCD) sind seltene angeborene Stoffwechselerkrankungen, bei denen der Abbau von Ammoniak zu Harnstoff gestört ist. Neben den schweren frühkindlichen Verläufen gibt es auch sogenannte Late‑Onset‑Varianten. Diese machen sich erst im Jugend‑ oder Erwachsenenalter bemerkbar – häufig ausgelöst durch Stresssituationen wie Infekte, Operationen, Fasten/Crash‑Diäten, sehr eiweißreiche Ernährung, Alkohol, nach der Entbindung oder durch bestimmte Medikamente (z. B. Valproat, Glukokortikoide).

Typische Warnzeichen können wiederkehrende Übelkeit und Erbrechen, starke Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Reizbarkeit, Konzentrations‑ und Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit bis hin zu Bewusstseinsstörungen, Ataxie, Krampfanfälle oder psychische Veränderungen sein. Nicht selten wurden Betroffene zuvor wegen Migräne, Burn‑out, Depression oder funktioneller Beschwerden behandelt – ohne an die Ursache zu denken.

Bei einem akuten Schub ist das Blut‑Ammoniak erhöht (Hyperammonämie). Wichtig: Zwischen den Attacken können Laborwerte unauffällig sein. Deshalb ist der richtige Zeitpunkt der Diagnostik entscheidend.

Erster Schritt bei Verdacht: Plasma‑Ammoniak dringend bestimmen (Probe rasch, ohne Stau, kühl transportieren, zügig analysieren). Gleichzeitig sollten Blutgase, Leberwerte und ein erweitertes Aminosäureprofil (Plasma) veranlasst werden sowie Orotat (Orotsäure) im Urin.

Warum ist ein Spot‑Urin hilfreich? Bei akuten Episoden kann ein frischer Spot‑Urin (Random‑Urin) die diagnostischen Marker besser abbilden als ein 24‑Stunden‑Sammelurin, der die Konzentrationen verwässern und die Diagnostik verzögern kann. (Analog zu anderen seltenen Stoffwechselkrisen gilt: in der Attacke testen.)

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